Am 10. März 2025 fand im Rahmen des Technologischen Seminars Weihenstephan das 21. Rohstoffseminar statt – wie im letzten Jahr unter der Schirmherrschaft der Braugersten-Gemeinschaft e.V. Das Seminar war auch in diesem Jahr sehr gut besucht: Rund 100 Teilnehmende aus Züchtung, Landwirtschaft, Mälzerei, Brauwesen und Forschung kamen auf dem TUM-Campus zusammen.

Die Atmosphäre war geprägt von Neugier und reger Diskussion. Besonders lebendig wurde der kollegiale Austausch in den Pausen – bei Sonnenschein auf der Dachterrasse oder abends bei einem frisch gezapften Bier aus der Forschungsbrauerei. Walter König eröffnete die Veranstaltung und betonte die Relevanz kontinuierlicher Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette – von der Züchtung bis zum fertigen Bier.

Das Seminar zeigte einmal mehr, dass die Braurohstoffe nicht nur Ausgangspunkt des Produktes, sondern auch Träger von Innovationspotenzial sind. Insbesondere das Züchtertreffen, das traditionell im Rahmen des Seminars stattfindet, unterstrich den Fokus auf Gerste als zentrale Kulturpflanze des Brauwesens.

Dr. Markus Herz – Standortsuche für Winter- und Sommerbraugerste
Ein überregionales Forschungsprojekt untersucht, welche Standorte für den Anbau von Winter- und Sommerbraugerste künftig geeignet sind. Ziel ist es, stabile klimatische Bedingungen zu identifizieren und den Landwirten langfristige Planungssicherheit zu ermöglichen. Besonders im Fokus stehen Kühlareale in Süd- und Ostdeutschland. Erste Daten wurden bereits erhoben, endgültige Aussagen zur Sorteneignung werden jedoch ab 2026 erwartet.

Dr. Hermann Kretschmer – Hygiene und Schädlingsprävention in der Mälzerei
Der Vortrag beleuchtet die Bedeutung von Betriebshygiene und Schädlingsmanagement in Mälzereien, insbesondere bei älteren Gebäudestrukturen. Neben klassischen Reinigungsverfahren wurden digitale Monitoringansätze vorgestellt. Ein systematisches Vorgehen und hygienisches Design sind entscheidend, um Kontaminationsrisiken zu minimieren. Zudem wurden Alternativen zur herkömmlichen Schädlingsbekämpfung und ein Notfall-Maßnahmenplan vorgestellt.

Fabian Lauck – Spezialmalze für Getreidebrände
Im Fokus stand der aromagebende Einfluss von Spezialmalzen in der Destillation. Gerade bei Bierbränden und „New Make“ ohne Fassreifung entsteht der Charakter ausschließlich durch die eingesetzten Rohstoffe – eine Chance für Brauereien, neue Produktsegmente zu erschließen. Verkostungen mit verschiedenen Malztypen zeigten ein breites Aromenspektrum von Trockenobst bis zu Schoko- und Kakaonoten. Der Vortrag plädierte für eine engere Verbindung zwischen Brau- und Brenntechnologie.

Fernanda Steil – Gushing-Test für die Praxis

Der Vortrag thematisierte die Entwicklung eines neuen, praxisnahen Gushing-Tests zur frühzeitigen Erkennung potenzieller Überschäumrisiken. Anders als etablierte Methoden berücksichtigt der vorgestellte Ansatz alle Prozessschritte bis zur Abfüllung und kombiniert standardisierte Lagerbedingungen mit einer kontrollierten Temperaturschock-Behandlung. Erste Ergebnisse zeigten eine gute Übereinstimmung mit bekannten Gushing-Suszeptibilitäten – ein vielversprechender Ansatz zur Absicherung der Produktqualität.

Dr. Bertram Sacher – Hitzestabile Malzenzyme
Vor dem Hintergrund steigender Temperaturen wird der Fokus auf Enzymstabilität in der Malzqualität immer wichtiger. Der Vortrag präsentierte Ansätze zur Züchtung hitzestabiler Enzyme und diskutierte den möglichen Einfluss von Inhibitoren auf die Prozessstabilität. Ein besonderes Augenmerk lag auf dem Enzyminhibitor BASI, der durch züchterische Maßnahmen reduziert werden kann. Ziel ist eine verbesserte Performance unter sommerlichen Braubedingungen bei gleichzeitig geringerer Energiezufuhr.

Eleonora Tissen – Glutenanalyse im Bier
Im Fokus des Vortrags stand eine neue LC-MS/MS-Methode zur Bestimmung zöliakie-relevanter Peptide in Bier. Die Technik nutzt isotopenmarkierte Referenzpeptide und bietet deutliche Vorteile gegenüber gängigen ELISA-Methoden, da auch schwer nachweisbare Peptide erfasst werden. Eine Untersuchung von glutenfreien und konventionellen Bieren zeigte teils erhebliche Unterschiede in der Glutenbelastung – mit potenziellen Konsequenzen für die Produktsicherheit bei Zöliakie.

Iain Whitehead – KI-basierte Prognosen zur Malzqualität
Wie lassen sich Qualität und Potenzial von Braugerste schon zur Aussaat besser abschätzen? Der Vortrag zeigte, wie Wetter- und Anbaudaten mithilfe künstlicher Intelligenz frühzeitig ausgewertet werden können. Auf Basis neuronaler Netze – trainiert mit Daten aus dem Berliner Programm – lassen sich erste Rückschlüsse auf Malzparameter ziehen. Die vorgestellten Modelle belegen eindrucksvoll das Potenzial datenbasierter Entscheidungen für Züchtung und Anbauplanung.

Dr. Jennifer Schneiderbanger – Sortenvorstellung Berliner Programm
Im Zentrum des Vortrags standen die aktuellen Ergebnisse der Sortenbewertung im Berliner Programm. Ostara hat sich im großtechnischen Maßstab bewährt und erhält nun die Verarbeitungsempfehlung. Die Sorten Excalibur und Baryton gehen in die nächste Prüfphase. Das vorgestellte Prüfsystem verknüpft agronomische Leistung mit Verarbeitungsqualität – und ermöglicht so eine objektive Auswahl geeigneter Sorten für den Praxiseinsatz.

Unser Dank gilt allen Vortragenden, Teilnehmenden und Mitwirkenden, insbesondere dem Team des Lehrstuhls für Brau- und Getränketechnologie für die Unterstützung vor Ort. Ebenso danken wir unserem Schirmherren, der Braugersten-Gemeinschaft e.V., für die langjährige Begleitung des Rohstoffseminars.

Die große Beteiligung, die inspirierenden Gespräche und das spürbare Interesse an den Rohstoffthemen zeigen, wie relevant dieser Austausch ist – nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Praxis. Wir freuen uns, das 22. Rohstoffseminar im kommenden Jahr – wie immer in Kalenderwoche 11 – erneut veranstalten zu dürfen.